Footballthriller auf der Waldau ohne Happy End
Im Duell gegen den ständigen Erzrivalen in der Südliga, die Rüsselsheim Razorbacks, fehlen
den Stuttgart Scorpions vier Sekunden um die Sensation perfekt zu machen. Durch einen ungebremsten
Lauf über die gesamte Breite des Spielfelds zerstört der Receiver der Rheinhessen Brookins die
Hoffnungen der Schwaben auf den ersten Sieg nach drei Spielen sprichwörtlich in letzter Sekunde.
Die Scorpions verlieren vor knapp 850 begeisterten Zuschauern mit
41 : 44 ( 15 : 8 / 0 : 18 / 8 : 6 / 18 : 12 ).
Die Spiele beider Teams gegeneinander waren schon in der Vergangenheit immer für besondere
Spannung bekannt - doch diese Begegnung hätte selbst Alfred Hitchcock nicht packender inszenieren
können. Die Scorpions verloren schon im ersten Drive ( Angriffsserie ) den Ball durch eine
Passinterception, woraus sich dann sofort der erste Touchdown der Razorbacks zum 0 : 6 durch
Wide receiver Wolf ergab (Extrapunkt conversion ebenfalls Wolf durch einen Screenpass über rechts).
Die stark verbesserte Offense der Stuttgarter antwortete allerdings prompt mit der nächsten
Angriffsserie: Nur acht Spielzüge benötigte das Angriffsteam um dann durch einen Dive ( Lauf
durch die Mitte ) von Quarterback Fajfr und den anschließenden Extrapunktkick durch Correll den
Anschluß zum 7 : 8 zu schaffen. Beim anschließenden Kickoff return ließen die Rüsselsheimer den
Ball an der eigenen 16 Yards Linie fallen, damit erhielten die Stuttgarter erneut das Angriffsrecht,
was sie dann auch nutzten um durch einen Touchdown von Running back Wiedmann zum 13 : 8 und den
gelungenen Extrapunkt durch Alex Trost zum 15 : 8 in Führung zu gehen.
Im zweiten Viertel zeigte
sich jedoch einmal mehr die größte Schwäche im Spielaufbau der Scorpions - die Passverteidigung.
Die Gäste nutzten dies vor der Halbzeitpause geschickt und stellte die Stuttgarter Verteidiger
gleich durch drei Touchdowns in Serie bloß. Jeweils aus ähnlichen Ausgangssituationen fingen zweimal
Wide receiver Wolf und einmal WR Larkins den Ball in der Endzone zum Halbzeitstand von 15 : 26.
Symptomatisch für diese Viertel aus Sicht der Scorpions war, daß die Passversuche des schwäbischen
Angriffs zum Schluß der ersten Hälfte dreimal in Folge mislangen.
Nach der Halbzeitpause setzten die Stuttgarter allerdings zu einer nicht für möglich gehaltenen
Aufholjagd an. Unterstützt vom engagierten Publikum auf der Tribüne punkteten die Schwaben gleich
zu Beginn, nachdem Rüsselsheim erneut das Angriffsrecht verloren hatte, durch einen Powerrun
Wiedmanns und dem Zusatzpunkt von Fajfr zum 23 : 26. Trotz des erneuten Rückschlages durch den
Touchdown des Rüsselsheimer Quarterbacks zum 23 : 32, stürmten die Scorpions weiter. Zwischenzeitlich
verlor man zwar kurzzeitig das Angriffsrecht durch eine weitere Passinterception in der Rüsselsheimer
Endzone, aber zwischenzeitlich kam auch die Stuttgarter Defense besser ins Spiel und erkämpfte sich
den Ball zurück. Von der eigenen 30 Yards Linie kämpften sich die Stuttgarter schließlich bis zur
gegnerischen 20 Yards Linie vor, von wo aus Running back Michael Häusler dank des mustergültigen
Vorblocking der Lineman seinen Touchdown erlaufen konnte. Correl verwandelte den Kick danach zum
30 : 32. Allerdings konterten die Razorbacks mit dem nächsten Drive und stellten durch den Run von
Andreas Hvass den alten Abstand wieder her ( 30 : 38 ). Im Vergleich zu den letzten Spielen zeigten
die Scorpions eine überragende Moral, denn zu keinem Zeitpunkt gab das Team das Spiel verloren. Vom
Publikum frenetisch angefeuert gelang der Offense durch einen Powerrun von Quarterback Patrick Fajfr
( Two-Point-Conversion Häusler ) in nur 5 Spielzügen der Ausgleich - knapp zwei Minuten vor Spielschluß.
Im Spielrausch gelang es dann auch der Verteidigung den Angriff der Razorbacks durch einen
Quarterbacksack ( Zufallbringen des Quarterbacks ) früh zu stoppen. Die Sensation schien perfekt
als es Marc Correll gelang die Stuttgarter Sekunden vor Schluß durch ein Fieldgoal aus 27 Yards
mit drei Punkten in Führung zu schießen. Spätestens jetzt glich das Waldaustadion einem Tollhaus :
Die Scorpionsspieler rannten vor Freude über das 41 : 38 auf das Spielfeld und handelten sich deshalb
noch eine 15 Yards Strafe für den anschließenden Kick off ein. Den kurz getretenen Anspielball fing
Ron Brookins, Running back im Razorbacksangriff, trug ihn ungehindert von den Stuttgarter Verteidigern,
die mehrmals den möglichen Tackle verfehlten, in die Endzone zum Endstand von 41 : 44 und holte das
Team der Scorpions grausam in die harte Realität des American Football zurück.
In der anschließenden Pressekonferenz äußerte Rüsselsheims Coach Mike Wyatt seinen Respekt vor der
überragenden Moral und Kampfesleistung der Schwaben. Er betonte, daß er es noch nie erlebt habe, daß
ein Spiel durch einen Kick off entschieden wurde. Stuttgart habe das Spiel eigentlich nicht verloren,
es habe es lediglich nicht gewonnen, bedingt durch die bessere Chancenauswertung der Razorbacks.
Anerkennung sprach er der starken Stuttgarter Angriffsformation aus, die, wie er zugab, nie von der
Rüsselsheimer Defense unter Kontolle zu bringen war. Stuttgarts Headcoach Fritz Polite übernahm die
Verantwortung - sowohl für die kurzzeitige Führung, als auch für den leichtfertig verspielten Sieg.
Trotz allem sei er stolz auf sein Team, daß bis zum Schluß nicht aufgegeben hätte. Er äußerte sich optimistisch über die Mannschaftsleistung, betonte jedoch, daß man nach wie vor viel
lernen müsse, was schon anhand der Disziplinlosigkeit nach dem vermeintlichen Siegeskick zum 41 : 38
sichtbar geworden wäre.
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